Politik

Deutschland droht konjunkturelle Überhitzung

Die konjunkturelle Dynamik in Deutschland wird bis auf Weiteres hoch bleiben. Stimulierend wirkt vor allem die expansive Geldpolitik der EZB. Die zunehmende Alterung der Bevölkerung dämpft allerdings das Wachstumspotenzial. Auch die Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft reduziert sich infolge der demografischen Entwicklung spürbar.

20.03.2017

Das Produktionspotenzial in Deutschland wird bis zum Jahr 2021 im Durchschnitt um 1,4 Prozent wachsen. Damit würde das Potenzialwachstum geringfügig über den in den Jahren zuvor erzielten Raten liegen. Einem stärkeren Wachstum steht der demografische Wandel entgegen, der sich mehr und mehr bemerkbar macht. Dies geht aus der Ende März veröffentlichten Mittelfristprojektion des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) hervor, mit der die Konjunkturforscher des Instituts einen Ausblick über die prägenden wirtschaftlichen Kräfte der kommenden fünf Jahre geben. „Da die Erwerbsneigung älterer Bevölkerungsgruppen deutlich geringer ist als im Durchschnitt der arbeitsfähigen Bevölkerung, stehen dem Arbeitsmarkt mit zunehmender Alterung weniger Erwerbspersonen zur Verfügung. Auch die Zuwanderung nach Deutschland kann diesen Prozess nicht aufhalten, sondern allenfalls etwas mildern“, sagte Stefan Kooths, Leiter des IfW-Prognosezentrums.

In der Folge dürfte das Produktionspotenzial nicht mit der lebhaften Expansion des Bruttoinlandsprodukts Schritt halten, für das die Forscher im Durchschnitt mit einem jährlichen Zuwachs von 1,7 Prozent rechnen. Maßgeblich für diese hohe konjunkturelle Dynamik wird die anhaltend expansive Geldpolitik der EZB sein, die in den kommenden Jahren wohl allenfalls leicht gestrafft werden wird. Bereits im laufenden Jahr dürfte die Kapazitätsauslastung merklich über ihrem normalen Niveau liegen. Dafür spricht neben der Schätzung der Produktionslücke auch eine Reihe von weiteren Indikatoren. „Deutschland droht in den kommenden Jahren eine konjunkturelle Überhitzung“, so Kooths.

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Weltwirtschaft und Schwellenländer: demografische Entwicklung dämpft

Die Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft hat sich nach Einschätzung der Forscher nachhaltig abgeschwächt. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften haben ein schwächerer Produktivitätstrend und die demografische Entwicklung die Wachstumsrate des Produktionspotenzials spürbar reduziert. Auch in vielen Schwellenländern nimmt das Arbeitskräftepotenzial inzwischen verlangsamt zu, wodurch das Potenzialwachstum in den nächsten Jahren zunehmend gedämpft wird. So dürfte die Weltproduktion nach einer Belebung in diesem und im nächsten Jahr wieder mit geringeren Raten zunehmen. Gerechnet auf der Basis von Kaufkraftparitäten erwarten die Forscher in den Jahren 2019 bis 2021 durchschnittliche Zuwachsraten der Weltproduktion von 3,1 Prozent. Globale Risiken resultieren aus der auf mittlere Sicht notwendigen Normalisierung der Geldpolitik sowie den gestiegenen politischen Unsicherheiten, so die Forscher.

Kommentar von Stefan Kooths zur aktuellen Prognose: „Die Hochkonjunktur in Deutschland sowie die sich abzeichnende Wachstumsschwäche mahnen zu fiskalischer Disziplin und arbeitsmarktpolitischer Vorsorge. Eine konjunkturelle Überdehnung der Produktionskapazitäten kann naturgemäß nicht von Dauer sein. Sie wird früher oder später durch eine Anpassungskrise korrigiert. Diese fällt umso schärfer aus, je ausgeprägter die vorangegangene Übertreibung war. Aus diesem Grund sollte die Wirtschaftspolitik alles unterlassen, was zusätzlich die Konjunktur hierzulande stimulieren würde. Dazu zählt insbesondere eine expansive Finanzpolitik. Maßnahmen, die die Erwerbsbeteiligung arbeitsfähiger Älterer hemmen, sind problematisch, weil sie die Verteilungskonflikte zwischen Alt und Jung weiter verschärfen. Hierzu zählen insbesondere Anreize zur expliziten oder impliziten Frühverrentung, etwa die Rente mit 63 oder längere Arbeitslosengeldbezüge für Ältere. Hingegen wäre die Wirtschaftspolitik gut beraten, ihre Instrumente auf die Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit auszurichten. Dort liegen die eigentlichen Probleme. Ihre Lösung wäre sowohl sozialpolitisch wie wachstumspolitisch förderlich.“

Die Mittelfrist-Projektion bis 2018 finden Sie hier.

Quelle: UD/fo
 

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