Soziales Engagement

Otto Group fördert in Indien Kampf gegen Kinderarbeit

190 Millionen Mädchen und Jungen zwischen fünf und 14 Jahren sind weltweit nach Angaben der UNESCO Kinderarbeiter. Jedes dritte von ihnen lebt in Indien. Hilfe für die Kinder und deren Eltern tut dringend Not, denn die betroffenen Familien verspielen schon früh jede Chance, dem Teufelskreis der Armut zu entrinnen. Ein Hilfsprojekt der Otto Group und von „terre des hommes“ will hier konkret und innovativ helfen. UmweltDialog sprach darüber mit Barbara Küppers vom Kinderhilfswerk terre des hommes.

10.11.2008

Nirgendwo ist das Problem der Kinderarbeit so weit verbreitet wie auf dem indischen Subkontinent. Die Hauptursache dafür sieht Barbara Küppers in einem massiven Staatsversagen: Es fehle an Schulen, Lehrern und Unterrichtsmaterialien. Auch von zu Hause erhalten viele Kinder keine Unterstützung, denn meist sind sie die „Erstlerner“, also die ersten in der Familie, die überhaupt eine Schule besuchen. Hinzu kommt die Armut der Familien, bei denen jedes Einkommen mitzählt, egal wie es verdient wurde.

Genau an diesem komplexen Geflecht aus Ursachen setzt ein innovatives Entwicklungshilfeprojekt der Otto Group und terre des hommes an. Anhand von zwei regionalen Schwerpunkten - der Hauptstadt Delhi sowie dem Bundesstaat Bihar - soll nämlich nicht nur den Kindern, sondern auch deren Eltern geholfen werden. Dieser Mischansatz aus Schulbildungsangeboten und Mikrofinanzhilfen könnte bei der Bekämpfung der Kinderarbeit eine Leuchtturmfunktion bekommen. Der bisherige Ansatz der Bestrafung von Produktionsstätten in den Einkaufsmärkten, die Kinderarbeit anwenden, greift nämlich oft für die Betroffenen zu kurz: In solchen Fällen, so berichtet Küppers, wird das Problem der Kinderarbeit einfach nur verschoben. Wird etwa im Textilbereich schärfer kontrolliert, werden die Kinderarbeitsplätze nur ins Restaurant- und Hotelgewerbe verlagert. Die lokale Armutsbekämpfung und mit ihr die Millenniumsziele erhalten so sogar einen herben Rückschlag. Am Problem der Kinderarbeit hat sich jedoch noch nichts geändert.
 
Bihar: An der Haustür für Vertrauen werben

Die Schwerpunkte des Hilfsprojektes liegen auf dem Anknüpfen an bereits vorhandene Strukturen vor Ort. Beispiel Bihar: Dort gingen Mitarbeiter der eingebundenen Jesuiten-Hilfsorganisation „Read“ von Tür zu Tür, um in persönlichen Gesprächen mit den Familien Vertrauen zu bilden. Viele der dortigen Familien gehören zu den „Kastenlosen“, was in Indien mit sozialer Stigmatisierung verbunden ist. „Kastenlose müssen sich genau überlegen, ob sie ihre Grenzen überschreiten. Deshalb schicken sie ihre Kinder oft nicht in die Schule“, sagte Küppers jüngst gegenüber der FAZ.
Zugleich ist diese Nordprovinz Indiens bekannt dafür, dass von dort die meisten Kinderarbeiter ins ganze Land verschickt werden. Das Hilfsprojekt setzt daher darauf, die Zahl der Schulkinder zunächst einmal zu erhöhen und die Kinder an den Schulen zu halten. So soll die Abwanderung der Kinder in den Kinderarbeitsmarkt verhindert werden. Bisher wurde dort unter anderem erreicht, dass 140 freiwillige Gemeindemitglieder ein Trainingsprogramm durchliefen. Sie sollen nun innerhalb ihrer Gemeinden Selbsthilfegruppen aufbauen, um Kinderarbeit zu verhindern. Zudem entstehen derzeit in Bihar Selbsthilfegruppen für Mütter von Kinderarbeitern und Jugendlichen, um den Mitgliedern den Aufbau kleiner Gewerbe und den Zugang zu Kleinkrediten zu ermöglichen.

Delhi: Treffpunkte für Slumkinder

Ganz anders stellt sich die Situation in Indiens Hauptstadt Delhi dar, die von den prekären Lebensumständen der Menschen in den Slums geprägt ist. So werden etwa Kinder aus drei Slums in Delhi eingeladen, in Lernzentren zu spielen und gemeinsam zu lernen. Parallel werden an den öffentlichen Schulen Managementsysteme eingeführt und Lehrer fortgebildet.

„Jeder Europäer, der nach Indien kommt, lernt Geduld, wenn er keine hat, und verliert sie, wenn er sie hat.“
Indisches Sprichwort 
Auch hier stehen zunächst bessere Schulkinderquoten und eine längere Verweildauer der Kinder in den Schulen im Vordergrund. Anders als in Bihar bietet man aber auch für Kinderarbeiter selbst, also die unmittelbar Betroffenen, Ausstiegslösungen an. Dazu zählen beispielsweise die Vermittlung weiterer Fertigkeiten und das Angebot von Alternativen zur Arbeit in Fabriken oder Restaurants. Dies erfolgt in Kinderclubs für 200 Kinderarbeiter zwischen 10 und 14 Jahren als Treffpunkt zum Lernen, Austausch zu Problemen bei der Arbeit oder in der Familie. Darüber hinaus werden junge Frauen zu Schneiderinnen ausgebildet, um aus der ersten Berufserfahrung der Kinderarbeit eine echte Erwachsenenperspektive zu entwickeln. 

Otto Group: Engagement hat Tradition


Der neue Otto Group-Vorstandsvorsitzende Hans-Otto Schrader setzt mit diesem neuen entwicklungspolitischen Projekt den Weg seines Vorgängers Michael Otto fort. Der hat das Familienunternehmen in den letzten Dekaden nicht nur wirtschaftlich stark gemacht, sondern ihm auch ein klares ökologisches und soziales Profil verliehen. So gehört beispielsweise der Umweltschutz schon seit 1986 zum offiziellen Unternehmensziel - zu einer Zeit, als Begriffe wie Corporate Social Responsibility nicht einmal angedacht waren, und die Politik mit dem Brundtland-Report erste zögerliche Schritte in die Nachhaltigkeit startete.

Als ein Unternehmen mit einem signifikanten Anteil an Textilprodukten ist das Thema Kinderarbeit für OTTO eine sehr konkrete Herausforderung. Viele Textilien werden in Niedriglohnländern hergestellt, und die Bedingungen der Produktion bleiben dabei nicht unproblematisch. Bei OTTO hat man hierzu daher eine klare Linie gezogen: Seit 1996 gibt es einen Verhaltenskodex für das Unternehmen und seine Zulieferer, der besagt, dass soziale Mindeststandards eingehalten werden müssen. Selbstverständlich sind Kinderarbeit und Sklaverei hier vollkommen ausgeschlossen. Mit Hilfe von Überprüfungen und Schulungen im Rahmen eines ausgefeilten Sozialmanagementsystems versucht die Otto Group, die Einhaltung des Verhaltenskodex zu gewährleisten und Fälle von Kinderarbeit auszuschließen. Doch wie sieht das in der Praxis aus? Schrader sagte dazu in der FAZ: „Unsere Zulieferer arbeiten mit Subunternehmen zusammen, die wiederum mit Subunternehmen zusammenarbeiten. Zwar verpflichten wir sie, auch bei den Subunternehmen unsere hohen Anforderungen an die sozialen Standards durchzusetzen. Aber eine hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben.“ Dem muss auch Barbara Küppers von terre des hommes aus ihrer alltäglichen Erfahrung heraus beipflichten: „Nicht einmal ein engagiertes Unternehmen wie Otto kann das garantieren“, so Küppers abschließend. Das jetzt angestoßene Bildungsprojekt soll helfen, das Problem zusätzlich zum regulären Sozialmanagement des Unternehmens auch auf einer tiefer liegenden, strukturellen Ebene anzugehen.

Quelle: UD
 
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