Soziales Engagement

Studie von HVB und HWWI: Vielfalt in der Arbeitnehmerschaft stärkt die Wirtschaft

Ausländer stimulieren die Wirtschaft von Metropolen. Eine vielfältig zusammengesetzte Bevölkerung mit einem hohen Anteil gut ausgebildeter Zuwanderer sorgt für zusätzliche ökonomische Schubkräfte und stärkt die innovative Kraft einer Gesellschaft. Deutsche Großstädte nutzen dieses Potenzial bisher zu wenig und sind im internationalen Vergleich relativ homogen zusammengesetzt. Im Vorfeld sind Mehrkosten durch den notwendigen Integrationsprozess jedoch nicht zu vermeiden. So lauten die wichtigsten Erkenntnisse einer von der HypoVereinsbank beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) in Auftrag gegebenen Studie.

24.06.2008

Die Studie 'Bunt in die Zukunft - Kulturelle Vielfalt als Standortfaktor deutscher Metropolen' untersucht den Zusammenhang von ausländischen Bevölkerungsgruppen und wirtschaftlichen Erfolg in den sechs größten deutschen Städten (Berlin, Hamburg, München, Köln, Stuttgart und Frankfurt).

Hamburg - keine wirkliche "Multikulti-Stadt"
Hamburg weist eine unterdurchschnittlich niedrige Internationalität der Arbeitskräfte auf. Der vom HWWI errechnete Diversitätsindex hat für Hamburg einen Wert von 0,14. Dies ist hinter Berlin (0,12) der niedrigste Wert aller untersuchten Großstädte. Der Index berücksichtigt sowohl die Anzahl der Nationalitäten als auch die Anteile von Beschäftigten unterschiedlicher Nationalitäten an der Gesamtbeschäftigung. Je mehr Beschäftigte verschiedener Nationalitäten in einer Region arbeiten, desto höher der Indexwert (Vergleich: Spitzenreiter München und Stuttgart mit 0,28; Deutschland gesamt 0,1).

"Im Gegensatz zur verbreiteten öffentlichen Wahrnehmung ist Hamburg weit weniger multikulturell als andere deutsche Städte“, betont Max Steinhardt vom HWWI. Hamburg weist mit 14,2 Prozent nach Berlin den niedrigsten Ausländeranteil der untersuchten sechs Metropolen auf. Auch die kulturelle Vielfalt ist weniger stark als in anderen Städten ausgeprägt: Mit einem Anteil von rund 27 Prozent an allen ausländischen Beschäftigten dominieren Zuwanderer aus der Türkei. Nur 21,3 Prozent der ausländischen Beschäftigten stammen aus einem EU-15-Land (zum Vergleich Stuttgart 37,8 Prozent). Einen Spitzenplatz nimmt die Hansestadt allerdings bei den Beschäftigten asiatischer Herkunft ein. Auch wandern weiterhin viele Ausländer zu. Mit einem Nettozustrom von rund 28.000 ausländischen Zuwanderer zwischen 1996 und 2006 weist Hamburg hinter Berlin den höchsten Wert auf.

Hamburg ist auch nicht sonderlich erfolgreich bei der wirtschaftlichen Integration von Ausländern. So ist das durchschnittliche Einkommen von Ausländern in der norddeutschen Metropole niedriger als in den Städten, die einen höheren Ausländeranteil haben. Die Arbeitslosenquote unter ausländischen Erwerbstätigen liegt in Hamburg mit 21,6 Prozent (2007) deutlich über den Werten der süddeutschen Metropolen München (12,7 Prozent) und Stuttgart (12,4 Prozent). Gleichzeitig ist auch der Bildungsstand der ausländischen Mitbürger in Hamburg niedriger als in anderen Städten mit Ausnahme von Berlin: Der Anteil der Beschäftigten mit sekundärer (Berufsausbildung) oder tertiärer Bildung (Fachhochschul- oder Hochschulabschluss) liegt in Hamburg bei 35,3 Prozent (Stuttgart: 46,2 Prozent, München 41,4 Prozent, Frankfurt 38,3 Prozent, Berlin 29,3 Prozent).

Positiver Zusammenhang zwischen Produktivität und kultureller Vielfalt
Das HWWI hat den Diversitätsindex aber nicht nur für die sechs größten Städte, sondern für alle deutschen Landkreise und kreisfreien Städte berechnet. Die dabei ermittelte regionale Verteilung deutet darauf hin, dass zwischen den ökonomischen Standortbedingungen einer Region und der Internationalität der Bevölkerung ein enger Zusammenhang besteht. „Wir haben festgestellt, dass die Regionen mit der höchsten Diversität, mit der höchsten kulturellen Vielfalt in der Bevölkerung und bei den Beschäftigten besonders erfolgreich sind“, unterstreicht Carsten Dieck, Leiter des Regionalbereichs Firmenkunden Nord der HypoVereinsbank, auf der Pressekonferenz, auf die die Studie vorgestellt wurde.

Wirtschaftlicher Erfolg durch Internationalität nicht zum Nulltarif
Kulturelle Vielfalt gibt es aber nicht zum Nulltarif. Zum Teil resultieren aus ihr erhebliche Probleme. So formulieren Zuwanderer teilweise andere Ansprüche an den Staat als die Urbevölkerung. Hieraus können ernsthafte Konflikte bei der politischen Meinungsbildung erwachsen. Auch können Sprachschwierigkeiten und kulturelle Distanz zu Schwierigkeiten führen. Die Mehraufwendungen für eine reibungslose Kommunikation können die wirtschaftlichen Vorteile aus einer hohen kulturellen Diversität zumindest teilweise konterkarieren.

Ausländer sollten - trotz teilweise nicht unerheblicher Schwierigkeiten bei der bisherigen Integration - nicht als Problem gesehen werden. Sie müssen vielmehr als wichtiges Element auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen internationalen Stadtgesellschaft verstanden werden. Dies setzt allerdings auch eine hohe Integrationsbereitschaft der Zuwanderer voraus.

Kulturelle Vielfalt deutscher Metropolen im internationalen Vergleich niedrig
Obwohl in den untersuchten sechs Städten ein Fünftel der ausländischen Bevölkerung, aber nur ein Zehntel der deutschen Staatsbürger leben, haben deutsche Großstädte im internationalen Vergleich Nachholbedarf. So sind im sehr erfolgreichen Amsterdam rund 50 % der Bevölkerung nicht niederländischen Ursprungs. Gerade kulturelle Unterschiede und die Zusammenführung unterschiedlicher Fähigkeiten sorgen im Wirtschaftsleben für Innovationsschübe und kreative Lösungsansätze. Dabei ist wichtig, dass der Austausch untereinander problemlos möglich ist und bei allen Beteiligten die Bereitschaft besteht, fremde Elemente in ein erfolgreiches Ganzes einzubringen.

Hamburg mit eigenem Integrationskonzept auf dem richtigen Weg
Entscheidend ist, dass Metropolen über Bürger aus möglichst vielen Ländern verfügen, dass keine Problemstadtteile mit großen sozialen Spannungen entstehen, Neubürger über ein gutes Ausbildungsprofil verfügen und eine systematische Integration stattfindet. Wenn dieser Prozess der wirtschaftlichen Integration professionell gesteuert wird, können Metropolen ganz erheblich von ihrer ausländischen Bevölkerung profitieren. Die Städte haben auf diese Herausforderungen mittlerweile reagiert. So hat Hamburg Ende 2006 ein eigenes Integrationskonzept verabschiedet. Darin wird folgerichtig die Verbesserung des Arbeitsmarktzugangs für Menschen mit Migrationshintergrund als zentrales Ziel definiert. „Positiv zu bewerten ist auch die Einrichtung des Welcome-Centers. Dies trägt Erkenntnissen der Migrationsforschung Rechnung, dass bürokratische Hürden bei der Standortwahl hoch qualifizierter Arbeitskräfte ein wichtiges Entscheidungskriterium sind“, betont Steinhardt.

Deutlich zu niedrige Zuwanderungsquote
Angesichts der demographischen Situation und des sich abzeichnenden Fachkräftemangels erscheint eine deutlich höhere Zuwanderung als in den vergangenen Jahren nach Deutschland unbedingt notwendig. Zwischen 2003 und 2007 betrug die jährliche durchschnittliche Nettozuwanderung lediglich 75.000 Menschen. Ein nicht unbedeutender Teil der Zuwanderung aus dem Ausland wird dabei auch in Zukunft in die deutschen Metropolen erfolgen. Diese werden dadurch noch „bunter“ werden, so dass die ökonomischen Potenziale kultureller Diversität und auch die Herausforderungen, diese zu nutzen, weiter an Bedeutung gewinnen werden.

Fazit der Studie: Die deutschen Metropolen sind gut beraten, stärker in dieses Politikfeld zu investieren, um im internationalen Wettbewerb um fähige Zuwanderer die Nase vorn zu haben. So könnten eine aktive Familienpolitik, eine verbesserte Bildungsqualität für Zuwanderer, internationale Schulen und unbürokratische Vorgehensweisen - zum Beispiel bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse - das 'Standort-Image' deutlich erhöhen.

Studienreihe zu den Standortbedingungen deutscher Metropolen
Die jetzt vorliegende Studie setzt eine Studienreihe der HypoVereinsbank fort, die in Zusammenarbeit mit dem HWWI im Jahr 2005 mit der Studie „Europas Beste - Vorbilder für deutsche Metropolen im Standortwettbewerb?!“ begonnen wurde. Ziel der Studienreihe ist es, die Standortbedingungen der größten deutschen Städte zu analysieren und Erfolgsfaktoren für die Stadtentwicklung herauszuarbeiten. Alle Studien dieser Reihe sind im Internet zu finden unter: www.hypovereinsbank.de/metropolenstudie.
Quelle: UD
 
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